»Pusteblume«
Foto-Video-Ton-Installation
St. Nicolai-Kirche, Dortmund (Okt. 2015)
Aus der Ferne wirken die eingerahmten Fotos zunächst dekorativ. Beim genauen Hinsehen fällt jedoch auf, dass es sich gar nicht um „schöne“ Bilder handelt, sondern durchaus abstrakt sind. Es ist eine neue Welt durch die Bearbeitung der Fotos entstanden. Jedes Bild besteht aus 2 Fotos, die übereinanderlegt wurden und dadurch eine andere (virtuelle) Welt entstehen lassen.
Das Fenster befindet sich im Teich mit den Seerosen, ein Riesenpilz liegt auf einem Moosfeld, die Stiele des Pappus der Pusteblume bestehen aus in einem Teich gespiegelten Birkenstämmen. „First World“ wird zu „Second World“. Handelt es sich etwa um eine Landschaft nach einem Tsunami? Vermutlich ordnet der Betrachter gedanklich die Landschaften, d. h. er nimmt die Fotos wieder auseinander, seine gewohnte Umwelt (leb-bare Welt) ist wieder hergestellt.
Durch die Foto-Video-Ton-Installation könnte dem Beobachter die Orientierung, die er möglicherweise beim Ansehen der Fotos verloren hat, wieder gegeben werden. Landschaften begleitet durch fröhliches Vogelgezwitscher geraten in Bewegung (Erdbeben?), Felder werden vom Wasser überspült.
»TranspORTables DepORTationsdenkmal«
Foto-Video-Ton-Installation – ein Projekt mit Dirk Fahle
Erkundung eines Ortes zwischen Tradition und Moderne (05/2015)
Am ehemaligen Südbahnhof der Stadt Dortmund fanden im 2. Weltkrieg Deportationen statt. So wurden z.B. Gefangene aus der Steinwache von dort deportiert. Mehr als 70 Jahre danach stellt sich die Frage, wie sich dieser Ort verändert. Dieser Zusammenhang ist schon Grund genug, dieser Frage in Form einer Erkundung und Bearbeitung nachzugehen:
Frottagen (Abdrücke) von Dirk Fahle von nicht mehr genutzten Bahngleisen gehen weit zurück und verweisen auf die frühere Nutzung des Geländes. 7 Meter lange Packpapierbahnen dienen als Bildträger für die Abdrücke der nicht mehr genutzten Bahngleise.
Der ironisch gebrochene Titel verweist auf die in diesem Fall gegebene räumliche Verfügbarkeit der Erinnerungsgegenstände (Abdrücke, Foto, Film, Töne) und problematisiert außerdem die Zukunft von Gedenken in einer zunehmend ökonomisierten Gesellschaft.
»Disbanding«
Foto-Video-Ton-Installation
Württhembergischer Kunstverein, Stuttgart (08/2014)
Der Beginn der Arbeit Disbanding beginnt mit zwei vertrauten Elementen: Ein Portrait und ein Liniengefüge. Langsam und kaum merklich beschreibt sie darin allerdings einen dramatischen Prozess, in dessen Verlauf schnell deutlich wird, dass es kein Nebeneinander dieser Elemente gibt, sondern die Dominanz des Einen rasant zunimmt und letztlich das Andere auslöscht.
Ganz im Sinne des Titels wird diese Entwicklung begleitet von menschlichen Herztönen und von den Geräuschen eines Überwachungsmonitors, wie wir ihn aus der Intensivmedizin kennen. Auch hier wiederholt sich etwas Ähnliches: Alle menschlichen Laute werden zu Gunsten der Maschine verdrängt. So steht folgerichtig der Dauerton des Monitors am Ende der Arbeit.
Im Bild und Ton wird dargestellt wie die Digitalisierung eine neue Welt schafft, die den Menschen in seiner Individualität einerseits verdrängt aber andererseits an seiner Steuerung, Lenkung und Überwachung interessiert ist. So bleiben Menschen z.B. als steuerbare Konsumenten erwünscht. Es bleibt zu klären, wer die Steuerungskompetenz über diese Abläufe besitzt und weiter entwickelt. Science Fiction und Real Life verschmelzen in der Arbeit zu einer bruchlosen Einheit. Die Frage nach der möglichen „Lebensqualität“ in einer avisierten „nur noch Wohlfühlgesellschaft“ bleibt zu beantworten. (Dirk Fahle, Juni 2014)